Kurbelwellenbruch auf MS/Galata der DLL

 

Dieser authentische Bericht, stammt von Kapitän Jörg Sommerwerck

 

MS/GALATA befindet sich auf der Reise von Lissabon nach Piräus. Es wird für lange Zeit die letzte Fahrt im Hamburg/Antwerpen Range - Östliches Mittelmeer sein, für 3 Monate wird der neue Heimathafen Palermo/Sizilien werden.
Es ist im März 1963, bei Windstärke 4/5 aus NNW fahren wir mit einem Abstand von 14,5 Meilen an der Küste Tunesiens Richtung Osten. Der Wetterbericht verheisst nichts Gutes, ein Mistral mit nördlichen Winden der Stärke 10 Beaufort ist vorausgesagt. Der 2.Offizier übernimmt um 12:00 Uhr die Wache und der 3.Ing. seine in der Maschine. Die Sonne scheint, die Galata liegt ruhig bei leichter Dünung von eben Achteraus. Um 12:23 Uhr, plötzlich völlige Ruhe im Schiff! Wir gleiten ohne Antrieb nur noch durchs Wasser.
Kurbelwellenbruch
Da liegen wir nun, aber nicht lange! Der Wind frischt sehr schnell auf. Um 15:00 Uhr hat er bereits eine Stärke von 10 Bft. erreicht! Wir treiben in Richtung SSE auf die Küste Tunesiens zu, mit Anfang 0,75 kn.. Der Kapitän ordert einen Schlepper, der von Gibraltar kommen soll. Er kann uns aber erst am nächsten Tag, nachmittags erreichen. Das ist zu spät, denn MS/Galata ist hilflos dem Orkan ausgesetzt. Quer zur See schaukelt das Schiff stark und holt bis zu 35 Grad über. Strecktaue werden von der Mannschaft von Mittschiffs bis zur Back gespannt. Um 19:00 Uhr gibt der Kapitän SOS. Sofort drehen die vorbeifahrenden Schiffe bei, über Grenzwelle wird durch den Funker der Kontakt hergestellt. 8 Schiffe liegen nun in unmittelbarer Nähe, darunter zwei große Tanker in Luv, die uns Schutz geben wollen. Ein norwegisches Frachtschiff unserer Größe wagt sich dicht an uns heran, dass wir tatsächlich eine Wurfleine hinüber bekommen. Mit einem Festmacher versuchen wir eine Verbindung zum Abschleppen herzustellen. Es ist eine schwierige Arbeit, denn das Schiff arbeitet schwer in der kochenden See. Der Kapitän begibt sich auf das Vorschiff, um nach dem Rechten zu sehen. Ein Brecher überspült ihn, das Strecktau gibt nach, der 2.Offizier kann ihn gerade noch am Kragen packen und ihn von Schanzkleid wieder zurück an Deck schleifen. Dann ist die Schleppverbindung hergestellt, die beim anfahren aber keine Chance hatte. Sie reißt wie ein Zwirnsfaden. Die Galata treibt immer schneller ans Ufer, das nur noch 7 Seemeilen entfernt ist. Wieder macht das fremde Schiff einen Anlauf, es kann aber nicht mehr so dicht heran. Vom Peildeck aus, schießt der 2.Offz. mit dem Raketenwerfer die 1.Leine hinüber und trifft die Hauptantenne der Bergenden. Nun haben wir keine Funkverbindung mehr, aber es geht trotzdem weiter. Immer stärkere Leinen werden hinüber gegeben, bis zum Seeschlepper. Eine höllische Arbeit! Um 04:00 Uhr morgens ist die neue Schleppverbindung hergestellt. Da liegt der Norweger in einem Wellental und wir entgegengesetzt ebenso! Der Seeschlepper wird mit ungeheurer Gewalt gespannt und reißt mit einem lauten Knall, fliegt uns um die Ohren, Deckung und nichts ist passiert! Wir fragen uns, wie kann das sein? Die Küste Tunesien ist felsig und ohne Strand. Steil fallen die Ufer ins Meer! Der Boden vor der Küstenlinie besteht aus Felsen und wir treiben darauf zu, haben keine Leinen mehr! Die meisten Schiffe werden vom Kapitän entlassen, zwei bleiben in unserer Nähe, nun aber mit einem größeren Abstand. Unsere Rettungsboote sind bereits seit Stunden - Klar zum Ausschwingen. Aber wir wissen, wir werden sie nicht zu Wasser bekommen. Die Rettungswesten und Ringe sind seit Stunden angelegt! Wir sitzen in der Mannschaftsmesse und die Besatzung wird auf alle Möglichkeiten der Rettung und Verhaltungsweisen vorbereitet. Einige hängen sich hölzerne Türen aus, als letzte Rettung. So manch einer holt sich aus seiner Kammer etwas Liebes und steckt es sich unters Hemd. Die Situation ist mehr als kritisch! Um 8:00 Uhr sind die Felsen sehr nahe, sind es noch 1 Meile? Wir nehmen die letzte Möglichkeit wahr, die uns geblieben ist. Bei tosender See kämpfen sich der Zimmermann und der 2.Offz. noch einmal auf die Back. Der Anker wird auf voller Länge mit dem Spill ausgefahren. Wird er sich bei dem felsigen Boden irgendwo da unten verhaken? Das ist die große Frage, aber natürlich gibt es darauf eine Antwort erst dann, wenn eine Wassertiefe von etwa gut 200m erreicht ist. Zur selben Zeit lässt der Wind nach!
Um 9:00 Uhr schwoit die Galata bei, es ruckelt im Schiff, wir alle halten den Atem an! Wir liegen am Haken und sind gerettet! Bei fast Windstille bekommen wir ein gutes Mittagessen! Um 16:00 Uhr erreicht uns der Schlepper. Er gibt uns seine Leine und die Schleppreise nach Palermo beginnt. Eine lange Werftliegezeit steht uns bevor. In gewissen Zeitabständen werden immer wieder einzelne Besatzungsmitglieder nach Haue geholt, die Reederei gibt sich großzügig und reißt uns nicht gleich auseinander.
Eine große Anerkennung wird der gesamten Besatzung ausgesprochen.
Im April 2012, Jörg Sommerwerck

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