Dieser authentische Bericht, stammt von Kapitän Jörg Sommerwerck

 

Reise 5 auf MS”Santa Cruz” Hamburg - Antwerben/Range - Südbrasilien 1972
Es war der 13.November 1972, nachts um 02:23 Uhr. Wir hatten vor 1,5 Stunden Ushant passiert und waren bei NW Wind, Stärke 7/8, in der Biscaya eingelaufen. MS”Santa Cruz” rollte in einer hohen Dünung bei noch mehr aufkommenden Wind. Meine Kammer mit den Bullaugen, war nach vorne auf das Vorschiff gerichtet. Durch eine heftige Detonation wurde ich aus dem Schlaf gerissen, stürzte ans Fenster und sah Feuer bis in den Mast zwischen Luke 2+3. Sofort im Kopf den Algerienkrieg mit der Warnung an deutsche Schiffe vom Auswärtigen Amt und der Reederei wegen Terrorgefahr! Feueralarm und Antreten der Decksmannschaft am 2ten Deckshaus, das waren die ersten Massnahmen, als ich auf die Brücke eilte. Das Schiff rollte heftig, der Kapitän drehte es in den Wind und stoppte die Maschinen. Wir begannen mit dem Löschen des Feuers in Luke 2. Die Lukendeckel waren aus der Verankerung gerissen, abgehoben und zur Hälfte ins Zwischendeck gestürzt, so dass der Brand genug Nahrung mit vielen Sauerstoffzufuhr erhielt. Luke 1+3 wurden abgedichtet und mit CO2 geflutet. Gesicherte CO2 Flaschen, die an Deck im Bereich der Luke 2 waren, machten sich selbstständig und flogen über Deck. Sie wurden Überbord geworfen, da sie jede Minute explodieren konnten. 4 Strahlrohre wurden besetzt und mit WASSER MARSCH vom Deckshaus und Back in Luke 2 gehalten. Im Laderaum hatten sich in Kisten lagernde eiserne Rohre in Bewegung gesetzt und waren durch Chemikalien gerauscht. Natriumchlorid ging eine Verbindung mit div. anderen Chemikalien ein und verursachte die Explosion (wie sich später herausstellte, aber die Möglichkeit eines Anschlages wurde auch nicht widerlegt!). 12 Porsche Carrera, die wir zu einem Rennen nach Rio de Janeiro bringen sollten, verbrannten vollkommen. Mittags war die gesamte Luke 2 fast vollständig ausgebrannt. Beidseitig waren die Bordwände rotglühend, von der Wasseroberfläche bis zum Schanzkleid, das Hauptdeck zu Füßen begann eisenrot zu fließen. Die Gefahr des Auseinanderbrechen war gegeben! und das Schiff schaukelte und schaukelte, manchmal holte es bis zu 50 Grad nach jeder Seite über. Um 13:00 Uhr entschloss der Kapitän, Brest als Nothafen anzulaufen. Mit langsamer Fahrt erreichten wir die Reede und die Brandabwehr übernahm die Marine unter unserer Anleitung. Auch Luke 1+3 waren in Mitleidenschaft gezogen. Die Ladung musste später vernichtet werden; 5 Tage lang, waren dort Glutnester! Unsere Mannschaft hat aufopferungswürdig gegen den Brand gekämpft. Kein Seemann hat in dieser aussergewöhnlichen Situation unter Einsatz unserer Leben sich aber auch nur einen Kratzer zugezogen. Das Schiff wurde dann unter Schleppereinsatz nach Antwerpen verholt, wo es gelöscht wurde. In Rotterdam wurde die “Santa Cruz” in 3 Monaten im Bereich der Luke 2, fast vollständig erneuert. Der Schaden belief sich damals auf 11 Millionen Deutsche Mark.
Nun beginnt die eigentliche Geschichte, die erzählungswürdig ist.
Der damalige Ausbildungsoffizier Eik Reher musste bei den folgenden langen Liegezeiten in Brest und später in Antwerpen/Rotterdam seine Empfindungen loswerden. Er setzte sich in seine Kammer und malte in Oel tagelang am unten abgebildeten Schiff, die “Santa Cruz” in der Nacht, die Nacht, die uns allen beinahe zum Verhängnis wurde. Und als er seine Seele niedergemalt hatte und zur Ruhe kam, schenkte er dieses Bild als Dank dem Verfasser dieser Geschichte. Seit jener Zeit hängt das Bild nun in dessen Schlafzimmer über seinem Kopf, als Erinnerung an die damaligen Geschehnisse, die noch heute bezeugen, dass mit Kameradschaft, Einigkeit, Mut, Ehrlichkeit, Tapferkeit, Lebenswillen, Seemannschaft - Menschenleben gerettet werden können.
Das Seeamt bestätigte in einer Verhandlung 1 Jahr später die Leistung der Besatzung von “Santa Cruz” und würdigte diese.
Ende
Jörg Sommerwerck (Damals 1.Offizier)
Im Frühjahr 2012

 

© Jörg Sommerwerck

Dieses Jahr wurde mir von Frau Ulla Mayr-Langebartels, Tochter des Kapitäns Josef Mayr, ein originaler Rettungsring aus der Brandnacht 1972 des „MS/SANTA CRUZ“ überreicht.
An diesem Rettungsring sieht man noch deutlich die Spuren aus dieser verheerenden Nacht im Jahr 1972

Ich bedanke mich recht herzlichst bei Frau Mayr-Langebartels, für die Überlassung des Rettungsringes.

Copyright: Andreas Guhr

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